BIELEFELDER TAGEBLATT
Peter Stuckhard

Herman van Veen begeisterte sein Publikum in der Stadthalle

Ein inspirierender Abend

13. April 1992

Bielefeld. Herman van Veen ist nicht nur ein Sänger, der sein Publikum trefflich zu unterhalten weiß. Er versteht es darüber hinaus, ohne Umweg über den Kopf direkt an die Herzen der Zuhörer zu rühren. So ist es kein Wunder, daß er von seinen Fans geliebt wird. Und, dies war in der ausverkauften Stadthalle deutlich zu spüren. Auch er liebt sein Publikum.


Seine Lieder, seine Gedankensplitter, seine politischen Kommentare zu beschreiben ist überflüssig. Seit vielen Jahren tourt van Veen regelmäßig durch Deutschland. Daß ihm das neue, größere Deutschland indes Unbehagen verursacht, war deutlich zu spüren. Der politische Unterhalter van Veen machte aus seiner Abneigung gegen den wiedererstarkenden Rassismus und Größenwahn in unserem Land kein Hehl.

Natürlich ließ er das Publikum auch wieder an seinen Träumen teilhaben. Nicht immer, das haben Träume wohl so an sich, erschloß sich sogleich deren Sinn. Da war viel, jedenfalls mehr als früher, vom Tod die Rede. Doch bevor die für van Veen typische Melancholie — wer ihn nicht mag, nennt das Weinerlichkeit — das Publikum zu sehr runterziehen konnte, brach er die sich anbahnende Stimmung durch einen Scherz, durch eine übergehende humorvolle Wendung, Durch einen gut getimten Witz.

Daß Herman van Veen nicht nur von Liebe singt, sondern sie auch leben will, zeigte sich an seiner Reaktion auf Störungen aus dem Publikum: Während er auf der Bühne gerade leise Töne produzierte, sang eine laute Stimme im Publikum ein eigenes Programm. Van Veen — und das Publikum — waren irritiert. Sein Kommentar: Entweder der Verursacher der Geräusche ist nicht normal, dann müssen wir das akzeptieren, oder er ist normal, dann müssen wir etwas unternehmen. Wie sich später herausstellte, war es ein behinderter Mensch, der seine Freude über das Programm auf unkonventionelle Weise ausdrückte. Van Veen unterhielt sich kurz mit den Betreuern, kam zurück auf die Bühne und sagte: „Wir müssen das akzeptieren." Beifall.

Zum Gelingen des Abends trug aber nicht nur ein souveräner van Veen bei. Er wurde von Musikern der Extraklasse begleitet. Keyboarder und Saxophonist zeigten virtuose Fähigkeiten, Einfühlungsvermögen und Kraft.

Natürlich war das Publikum mit einer Zugabe nicht zufrieden. Wie beim Ausklang von Van-Veen-Konzer-ten üblich, zog sich das Ende in die Länge: Da gab es Autogramme für Kinder, noch ein kleines Lied zusätzlich, ein .Gespräch mit den Zuschauern, die sich vor der Bühne versammelten. Und irgendwann war die Vorstellung dann doch zu Ende, der Vorhang blieb zu. Das Bielefelder Publikum war es zufrieden:





Peter Stuckhard